Mädesüß


Filipendula ulmaria 4-1Filippendula ulmaria, syn: Spiraea ulmaria, Ulmaria Palustris,

Familie: Rosaceae

Deutsch: Mädesüß, Johanniswedel, Krampfkraut, Rüsterstaude, Sumpf-Spire, Wiesengeißbart, Wiesenkönigin, Wurmkraut, Ziegenbart, Ulmenspiere, Wiesenspierstaude, Weidsiechkraut,

Beschreibung: Die schuppige Wurzel treibt einen aufrechten, gefurchten, bis 1 m hohen Stängelmit wechselständigen, gestielten, unterbrochen- unpaar-fieerschnittigen, unterseits grünen oder weißfilzigen Blättern, Abschnitte eiförmig, doppelt gekerbt-gesägt. Die wohlriechenden und süßen weißen Blüten haben fünf Blütenblätter. Es kommen Pflanzenexemplare mit männlichen und mit zwittrigen Blüten vor.

Blütezeit: Juni bis Juli.

Vorkommen: Wächst auf feuchten Streuwiesen und Auwäldern, sowie in Sumpfgebieten Europas.

Etymologie:  Abgeleitet von  lateinischen filum (Faden) und pendula(hängen) wegen der an dünnen Wurzeln hängenden knolligen Wurzelverdickungen.

Verwendete Teile: Wurzeln (vor der Blüte oder im Herbst), Die Blüten und das Kraut.

Inhaltsstoffe: Die getrockneten Blüten werden verwendet. Sie enthalten ätherische Öle, besonders Salicylaldehyd und Salicylsäuremathylester (wie die Weide) Flafonide, (Spiraceosid) Kämpferolglykoside, Rutin, Hyperosid, Quercetin und seine Glykoside. Zudem ca. 10% Gerbstoffe.

Eigenschaften: Diuretisch (harntreibend), zusammenziehend, entgiftend, wurmtreibend, fiebersenkend, schmerzlindernd.

Verwendung und Rezepturen: Das Kraut der blühenden Pflanzen wird getrocknet zur Unterstützung von Erkältungen und in der Volksmedizin als Magenmittel verwendet. Die unterirdischen Teile der frischen blühenden Pflanze finden Verwendung bei Rheumatismus.

Homöopathie: Die frischen unterirdischen Teile bei Rheumatismus und Schleimhautentzündungen. Die frischen oberirdischen Teile in der anthroposophischen Therapierichtung.

Filipendula ulmaria-3Tabernaemontanus:  Der rohte Steinbrech hat viel runder langlechtiger Wurtzeln deren hangen je vier oder fünff an einem dünnen Würtzlein deren dieses Gewächs viel hat gleich als wann sie an dünnen Fädemen hiengen die sind der Gestalt halben den kleinen unzeitigen Oliven zu vergleichen auswendig rohtfärbig und innwendig weiß eines bitteren Geschmacks. Die Blätter sind dem Gänserichkraut der Gestalt halben etwas ähnlich sind aber tieffer und mehr zerkerfft der Stengel wird fast anderthalb Ellen hoch. Oben an den Stengeln hat es viel Nebenzweiglein darauff wachsen schöne wolriechende weisse Blümlein in dem Brachmonat welche so sie abfallen und vergehen folgt ein schuppechtiger Saamen dem Saamen der Pimpernellen ähnlich. Dieses Kraut wächst in bergechtigen Wiesen in feuchten und steinechtigen Gründen um das Berghauß Kestenburg um die Neuenstadt deßgleichen um Benßheim Heppenheim an der Bergstrassen und anderen vielen Orten in beyden Gebirgen des gantzen Rheinstroms.
Von den Namen der rothen Steinbrech oder Filipendelwurtz: GALENUS hat dieses Gewächs gar nicht beschrieben aber DIOSCORIDES beschreibet es LIB. 3 C. 122 Lateinisch OENANTHE, LEUCANTHEMUM, CERASCOMIUM. Von THEODORO GAZA, VITIFLORA; von den Kräutlern und Practicanten FILIPENDULA, PHILIPENDULA, SAXIFRAGA RUBRA, und VINIFLORA. Hochteutsch Filipendelwurtz und rohter Steinbrech. ARNOLDUS VILLANOVANUS hat ein Geschlecht ANTHORAE oder Heilgifft daraus gemacht dieweil die Wurtzeln dieses Krauts etlicher massen den Wurtzeln des Heilgifts ähnlich sind.
Die andern vier Geschlecht haben eine grosse Gleichheit mit dem OENANTHE DIOSCORIDIS, nicht allein der Gestalt halben sondern auch von wegen ihrer Krafft und Tugend halben die sie mit dem ersten Geschlecht der Filipendelwurtz gemein haben sonderlich aber das zweyte und dritte Geschlecht derowegen sie von dem OENANTHE keines wegs sollen abgesönderet werden.
Von der Natur Krafft Würckung und Eigenschafft der Filipendelwurtzel: Die drey ersten Geschlecht der Filipendelwurtz sind warmer und truckener Natur eröffnen und abstergieren mit einer ziemlichen Astriction sonderlich aber die Wurtzeln. Die zwey letzten Geschlecht als das vierdte und fünffte der Ordnung nach müssen wir noch ein weil auf ein seite setzen dann deren Tugend und Krafft uns noch nicht eigentlich bekannt sind.

Innerlicher Gebrauch der Filipendelwurtzel: Roth Steinbrech zu einem reinen Pulver gestossen darnach mit drey Theilen verschaumten honig zu einer Lattwergen temperiert und des Morgens und Abends jedesmal einer gemeinen Castanien groß davon genommen sittiglich im Mund zergehen lassen und allgemählich mit dem Speichel hinab geschlucket vertreibt den Husten und raumet die Brust und Lunge.
Die gemeldte Wurtzel gepülvert und in allen Speisen genützet ist eine sonderliche erfahrne Artzeney wider die Fallendesucht. Wann man eine Decoction daraus bereitet allerdings wie man die Wurtzel CHINAM zu bereiten pflegt und viertzig Tage lang alle Morgen und Abend 4 oder 5. Untzen darvon warm trincket und nach der Kräfften Vermögen darauff schwitzet das vertreibet die fallendesucht vom Grunde heraus wann sie nicht zu tieff eingewurtzelt ist. Darneben muß man auch von der gemeldten Wurtzel in Speißwasser sieden dasselbige zur Speiß und den Durst zu löschen trincken und sonst die gantze Zeit der Chur kein anderen Tranck versuchen ein gute DIAETAM und zimliche ABSTINENTIAM halten doch zuvor mit gebührenden Artzeneyen alle Uberflüssigkeit ordentlich außführen allerdings wie man die Chur von der Wurtzel CHINA, oder SALSA PARILLA zu gebrauchen pfleget.
Es dienet auch gemelte Chur von dieser Wurtzel vor die Haubtflüß die Gliedsucht und das Zipperlein deßgleichen wider die abscheuliche Kranckheit der Frantzosen oder Spannischen Grinds welche sie vom Grund heraus heilet deßgleichen den Krebs und Fistel obgemeldter massen gebrauchet oder aber das Pulver in allen Speisen gebrauchet.
Filipendelwurtzel in Wein gesotten und die durchgesigene Brühe des Tages dreymal jedesmal auff 1 Mackelbecherlein voll warm getruncken bringet wieder den verstandenen Harn und reiniget die Nieren Harngäng und Blasen von Schleim und allem Unraht vertreibt auch den Schmertzen der Nieren stärcket und erwärmet dieselben deßgleichen auch die Blasen das thut auch das Pulver mit Wein getruncken. Diese Artzney führet auch den Lenden- und Nierenstein gewaltig auß.
Filipendelwurtzel zu Pulver gestossen und 1 Quintleins schwär mit einem Trüncklein weissen Weins zertrieben und warm getruncken ist eine gewisse Hülff wider die Kaltseich und hilfft bald. Solche Artzney dienet auch wider den Husten: vertreibet das Grimmen und Reissen in den Därmen. Wann man auch gepülverten Fenchelsaamen damit vermischet so vertreibt sie auch und zertheilet die Winde im Leib.
Die Saamen Blätter und Stengel der Filipendelwurtz in Honigwasser oder Meth getruncken treiben das Bürdlein oder die ander Geburt.
Filipendelwurtzel allein vor sich selbst in der Speiß genützt oder mit Wein getruncken dienet wider alles eingenommen Gifft und wider die Pestilentz.

Filipendula ulmaria2-2Eusserlicher Gebrauch der Filipendelwurtz: Filipendelwurtzkraut frisch im Munde gekäuet heilet die Geschwär der Augen die sich zur Fistel schicken wollen übergelegt wie ein Pflästerlein.
Wider den Schmertzen der Feigblattern oder Güldenader: Nimm ein feißten Aal haue ihm den Kopff und Schwantz ab zu schneide den stücken seude den wol in Wasser und samle das schmaltz oder Fettigkeit davon und thue dann rein gepülvert Filipendelwurtz darzu temperiers zu einem Sälblein und salbe die Güldenader damit es stillet den Schmertzen wunderbarlich.
Ein köstliche Salbe die zertheilet die Geschwulst der Feigblattern oder Güldenader leget den Schmertzen und vertreibet die Knollen im Hinderen: Nimm Filipendelkraut und Wurtzelsafft 4 Untzen Lauchblättersaft 1 Loth Rosenöl 3 Untzen frische ungesaltzene Butter 1 Untz. Seude diese stück über einem linden Feurlein allgemählich biß sich die Säffte verzehret haben daranch seihe es durch ein reines leinen Tüchlein darnach rühr folgende stück zu einem sehr reinen Pulver wie ein Sonnenstaub gestossen und gerieben darein bereitete Armenisch BOLUS, Drachenblut Mastix GUMMI ARABICUM, jedes 3 Quintl. Myrrhen rohte Rosen Granatenblüht jedes ein halb Loth. Diese Dinge vermisch wol durcheinander so hast du ein über die massen köstlich bewährte Salb zu den obemeldten Gebrechen.

Aus Losch, Kräuterbuch 1910

Aus Losch, Kräuterbuch 1910

Dinand:

Innerlich: Die Wurzel wurde von dem russischen Arzte Baimatoff gegen Tollwut innerlich und äußerlich warm empfohlen. Auch Dr. Waldsinewitz hatte ausgezeichnete Erfolge in der Behandlung der Tollwut mit Spirea Ulmaria wie G. Staudinger im Organ des Deutschen Vereins vivisektionsgegnerischer Ärzte(April 1910) mitteilt.

Die Wurzel nebst Blättern und Blüten werden als Tee (10-15 g auf 1 l Wasser) sehr gerühmt gegen Wassersucht (Bauch- und Haut-Wassersucht) Harnzwang,  Hämorrhoiden (drei Tassen täglich) ferner bei Weißfluss,  Blutflüssen, Blutspeien,  Husten, übermäßiger Menstruation, Ruhr, Durchfall,  gegen drüsenartigen Ausschlag bei Kindern und Hautausschlag überhaupt, sowie bei Rheumatismus und Gicht, auch Trigeminusneuralgie (täglich 1-2 Tassen Tee oder 3g Wurzelpulver in Wein).

Äußerlich:  Die Wurzel wird zur Bereitung von Pflastern verwendet, die gute Dienste leisten bei Brüchen und Zerreißungen als Wundmittel. Der Absud dient zu Einspritzungen bei Fistelgeschwüren und Tripper. Die jungen Triebe und Wurzeln geben einen Saft, der sich, mit Wasser verdünnt, als Gurgelwasser bewährt hat.

Dr. Stäger-Bern schreibt über diese Pflanze: „Was die Ausscheidung verbrauchter und giftiger Stoffe aus dem Körper betrifft, so möchte ich die Aufmerksamkeit nochmals auf den Bocksbarttee (…) lenken, denn er verdient, in erster Linie genannt zu werden und nicht nur bei Gelenkrheumatismus, sondern auch bei Influenza, Masern, Bronchitis, Katharren der Respirationsorgane überhaupt, aber auch bei Skrofulose und anderen chronischen Leiden.“
Bilbliografie:
Prof. Dr. Karl Hiller, Prof. Dr. M. F. Melzig, Die große Enzyklopädie der Arzneipflanzen und Drogen, 1999
Tabernaemontanus, ( Jakob Dietrich, Jacob Ditter/Diether bzw. Jacob Theodor), Neuw Kreuterbuch, 1588-91
August Paul Dinand,Handbuch der Heilpflanzenkunde, 1921
Gessner-Orzechowski, Gift- und Arzneipflanzen von Mitteleuropa, 1974
Heilpflanzen-Lexikon für Ärzte und Apotheker, Dr. Hans Braun, 1968
Leonhardus Fuchsius, “New Kreuterbuch, in welchem nit allein die gantz histori, das ist namen, gestalt, statt und zeit der wachsung, natur, krafft und würckung…” von 1543.
“Köhlers Medizinal-Pflanzen” von 1883 bis 1887.
Dr. Friedrich Losch, Kräuterbuch, 1903
Stauffer: Klinische Homöopathie, Arzneimittellehre
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