Alchemilla vulgaris

Alchemilla vulgaris 3-4

syn: Alchemilla xanthhochlora Rothm., Alchemilla pratensis, Alchemilla acutiloba Opiz, Alchemilla acutiloba var. stellata Poelt, Alchemilla acutangula Buser

Familie: Rosaceae

Deutsch: Spitzlappiger Frauenmantel, Gemeiner Frauenmantel, Echter Sinau, Taublatt, WiesenFrauenmantel, Tauschüsselchen, Aschnitz, Hütchen, Helft, Löwenfuß, Wundwurz, Taubecher, Taukraut, Jungfernmantel, Sinäuglein,

Beschreibung: Der Spitzlappige Frauenmantel ist eine teilimmergrüne, mittelgroße bis sehr große und selten rot gefärbte Pflanze. Der Blütenstand ist 2 bis 20 Zentimeter breit. Er ist sehr locker und sparrig an großen Pflanzen.Die Blüten sind grün bis gelbgrün, 2 bis 4 Millimeter lang und 3 bis 4,5 Millimeter breit.

Vorkommen: In Europa in vielen, nicht sehr gut unterscheidbaren Arten verbreitet. Bei der Gattung Alchemilla ist die Artbildung noch nicht abgeschlossen.

Standort: Wildwachsend auf feuchten Wiesen, an Bachufern, Wald- und Straßen­rändern, in schattigen und trockenen Wäldern.

Alchemilla vulgaris 4-3

Sammelgut: Die oberirdischen Pflanzenteile mit dem 10—30 cm hohen Blütenstiel, den derben, handförmig gelappten, ringsum gezähnten, in einer Halbrosette stehenden Blättern und den kleinen, grünlichen, vierzähligen, in einer Rispe stehenden Blüten.

Sammelzeit: Blätter und Kraut während der Blüte von Mai bis August.

Etymologie: Den Namen Frauenmantel trägt diese horstbildende mehrjährige krautige Pflanze seit etwa 1500. Der Name leitet sich von den Schutzmantelmadonnen, die seit dem 14 Jahrhundert ein Bildtypus der abendländischen Kultur waren, ab. An diesen Mantel erinnern die halbkreisförmigen Blätter, die auch voll ausgebildet den Eindruck erwecken, als besäßen sie eine feine regelmäßige Fältelung. Der botanische Name Alchemilla leitet sich von Alchemie ab, weil die mittelalterlichen Alchimisten sich vom kristallklaren Guttationstropfen (Himmlisches Wasser) inspiriert fühlten und ihn in zur Herstellung mystischer Essenzen und zur Goldherstellung und zur Bereitung des „Steines der Weisen“ gebrauchten.

Alchemilla vulgaris.11-5

Volkstum: Bei den Germanen war Alchemilla Frigga der Göttin der Fruchtbarkeit gewidmet. Frauenmantel wurde bei abnehmendem Mond gesammelt, um die Blutflüsse der Frauen zu stillen und Wunden zu heilen. Die Blätter sondern nachts bei entsprechender Luftfeuchtigkeit kleine Wassertröpfchen aus den Spaltöffnungen der Blattzahnwinkel ab. Die Tröpfchen sammeln sich in der Blattmitte zum so genannten Guttationstropfen. In früheren Zeiten wurde ihm Zauberkraft zugesprochen. Der Flüssigkeit sagte man nach, dass „ältere Weiber in den Zustand der Jungfräulichkeit zurückversetzt“ werden.

Verwendete Teile: Das Kraut (Blätter)

Inhaltsstoffe: 6 bis 8% Gerbstoffe vom Tannintyp, hauptsächlich Ellagitannine (Agrimoniin, Laevigatin F, Pendunculagin), Gerbstoffglycoside (Ellagsäuregruppe) und Flavonoide (Quercitinglycoside, Leucocyanidin)

Eigenschaften: Frauenmantelblätter haben jedoch einen hohen Gerbstoffgehalt und finden daher in Tees gegen Durchfallerkrankungen Einsatz.

Verwendung und Rezepturen: Der Tee wird innerlich gegen Durchfallerkrankungen, als Adstringens bei Blutungen sowie zur Wundbehanlung eingesetzt, sowie zum Gurgeln bei Entzündungen des Mund- und Rachenraumes. Auch zu Sitzbädern bei Hämorrhoiden und entzündlichen Erkrankungen im Urogenitalbereich wird der Abguss verwendet.

Alchemilla vulgaris1-2

Dosierung: Etwa zwei Teelöffel ( 2 Gramm) auf eine große Tasse Wasser.

Tabernaemontanus: Der Sinnau ist auch der rechten und berühmten Wundkräuter eins gleich wie der Sanickel derowegen wir denselbigen auch von seiner zerschittenen Blätter wegen damit unsere Ordnung gehalten werde den Sanickeln gleich nachsetzen. Die Wurtzel dieses Krauts ist auswendig schwartz Fingers lang die wächst überzwerch in der Erden ist holtzechtig und hat viel Zaseln oder angehenckte Würtzlein am Geschmack bitter und rauch mit einer Adstriction. Die Blätter sind rund zusammen gefalten und gekräuselt und geringsherum mit kleinen Kerfflein zerkerfft in neun oder zehen spitzer Unterscheid zerspalten wie ein Stern oder aufgethaner Löwenfuß von Falrben falb oder Schweitzergrün. Die langen und rauhen Stiel darauf die Blätter stehen ein jedes Blatt auf seinem eigenen Stiel kommen im Frühling bald von der Wurtzel herfür darneben wachsen auch heraus dünne runde Stenglein fast anderthalbe Spannen lang welche sich oben in etliche Zincklein oder Nebenzweiglein ausspreiten: Zwischen den Gewerblein der gemeldeten Nebenzweiglein wachsen nächst den Stenglein viel kleinere doch auch runde und zerkerffte Blättlein biß oben aussen. Am Gipffel und den Enden derselbigen erzeigen sich im Mäyen und Brachmonat gantze kleine drauschelechtige grüngeele Blümlein denen folget ein kleiner Saamen nach im Heumonat dem Magsaamen ähnlich ist doch von Farben geelechtig in kleinen grünen Böllelein verschlossen. Es wächst gern an graßechtigen Orten in feuchtem Grund und in den Wiesen so im Gebirg ligen an Haldungen und Rechen. Es wird auch dieser Zeit von wegen seines vielfältigen Gebrauchs in den Gärten gezielet. Es wird eingesamlet im Brachmonat wann es in voller Blüth ist.

Alchemilla vulgaris2-1

Von den Namen des Sinnaus: Es haben etliche aus dem Sinnau das LEONTOPODIUM DIOSCURIDIS wollen machen die andern haben gewolt es sey LEONTOPETALUM, und hat es aber einer eben so wol troffen als der ander dann der Sinnau weder mit der Krafft und Tugend noch mit deren Descriptionen einen zustimt. Wir wollens wol LEONTOPODIUM HERBARIORUM seyn lassen aber nicht DIOSCURIDIS. Was aber LEONTOPODIUM und LEONTEPETALUM DIOSCURIDIS vor Gewächs sind werden hernach an ihren Orten beschrieben werden. Wie aber der Sinnan bey den alten Lehrern genannt worden oder ob er ihnen auch bekannt gewesen seye ist uns noch zu Zeit unwissend. Es wird von VALERIO GORDO PSIADIUM, drosium, DROSERA, und von etlichen HELIODROSIUM, das ist Sonnenthau genant sintemal das Kräutlein auch bey dem Sonnenschein und zu jederzeit mit schönen hellen Wassertröpfflein gefunden wird als wann es darauf gedauet hätte. Von andern wird es geheissen LEONTOPODIUM HERBARIORUM, PES LEONIS, PLANTA LEONIS, und BRACHA LEONIS. Vond den MEDICIS und Apotheckern STELLARIA, ALCHIMILLA, ACHIMILLA und ARTINCILLA. [alchimilla vulgaris, c. b. pes leonis, brun. (& Leontopodium) fuch. lon. alchimilla, trag. anguil. lac. dod. gal. & fol. ad. lob. icon. & obs. caesal. thal. eyst. vulgaris, clus. hist. cam. stellaria, matth. cast. lugd. stella herba italis quibusdam, ges. hort. drosera, seu drosium, cord. in diosc.] Italiänisch PIE DI LEONE. Frantzösisch PIED DE LION. Böhmisch Husinuzka. Englisch Great Sanikel und Ladies Mantel. [Lions foote.] Flämmisch und Brabändisch Synnauwe und onser Vrouwen Mantel. Hochteutsch Sinnau oder Synnau Sindaue gülden Gänserich Lövenfuß Löuentappen und unser Frauen Mantel.

Von der Natur Krafft Würckung und Eigenschafft des Sinnaus.
    Sinnau ist einer temperierten Eigenschafft zwischen der Kälte und Wärme also daß er nicht zu viel kältet noch zu viel wärmet hat darneben eine Krafft zu hefften zu consolidiren und zu trucknen von wegen seiner Adstrinction: wird derowegen zu den Wunden beyde innerlich und äusserlich heilsamlich gebraucht.

Alchemilla vulgaris5-6

Innerlicher Gebrauch des Sinnaus.
Sinnau 3 Handvoll mit zwey Theil Wassers und einem Teil Weins (daß es zusammen 1 Maß ist) gesotten biß der Drittheil verzehret ist und 6 Untzen gutes Honigs darzu gethan darnach durchgesigen und alle Morgen und Abend jedesmal ein gemein Tischbecherlein voll darvon getruncken das heilet alle Verwundung und Versehrung der Brust. Gemeldeter Tranck heilet auch alle innerliche Versehrung und Brüche.
Sinnau gestossen und den Safft davon außgedrucket und drey Morgen nüchtern nacheinander jedes mal 3 Untzen davon getruncken dienet wider die Fallende Sucht. Den vierdten Tag darnach soll man dem presthaftigen Menschen eine Ader lassen schlagen auf der lincken Hand zwischen dem Zeiger und Daumen es hilfft ohne Zweiffel aber man muß diese Artzeney gleich Anfangs gebrauchen wann die Kranckheit einem Menschen zum ersten ankommt.
Wider das Bluten der Wunden: Nimm Sinnau Sanickel Heydnisch Wundkraut der langen frischen Regenwürm jedes 1 Handvoll. Zerschneid diese Stuck und seud sie in einer Maß Regenwasser den halben Theil ein darnach sehe es durch ein Tuch und drucke die Kräuter hart aus die lege also warm über die Wunden wie ein Pflaster und gib dem Verwundten jedertweilen einen Trunck von dem gemeldten Tranck das stillet alle blutende Wunden und heilet sie.
Wider das gerunnen Geblüt im Leib: Nimm Sinnau Peterleinkraut Fenchelkraut Salbeyen jedes 1 Handvoll Ysop Alantwurtz Aniß Fenchelsaamen jedes 2Loth. Seude gemeldte Stuck klein zerschnitten in drey ächtmaß Wassers den dritten Theil ein seihe es darnach durch ein Tuch davon trincke alle Morgen nüchtern 3Stunden vor dem Essen ein Becher voll warm und auch einen des Nachts zwey Stunden vor dem Nachtessen oder aber des Nachts wann du zu Beth wilt gehen das zertheilet alles gerunnen Geblüt und führt es aus durch den Harn und Stulgang.
Sinnau-safft etliche Tage des Morgens jedesmal 2Loth getruncken und des Abends auch so viel dienet wider den weissen Mutterfluß. Den Safft auch warm mit einer Spritzen zu der Frauen in die Mutter gethan hilfft deßgleichen. In Mangel des Saffts soll man 4 Handvoll Sinnaukraut in einer Maß Wassers zum halben Theil einsieden lassen darnach durchseihen und zum wenigsten ein BEcher voll warm obgemeldter massen zu der Frauen thun.
So einem weibe der Halß der Mutter zu schlipfferig erlöchert und zu weit offen stünde also daß sie nicht empfangen könne und der Saamen wider von ihr lieffe der soll Sinnaukraut zu Pulver stossen und zwantzig Tag lang alle Morgen 1 Löfflein voll desselbigen mit Wein  oder aber mit einer Brühen warm trincken das wird sie wieder zu recht bringen.
Sinnaukraut 4 Handvoll in ein zinnene Fläsch gethan und darüber geschütt 1 Maß Wasser Bier oder Wein je nach Gelegenheit des Verwundten darnach beheb zugeschraubet und vier Stunden lang in einem Kessel mit siedendem heissen Wasser in stäter Hitz gesotten darnach wann der Tranck kalt worden ist geöffnet und durchgesigen ist ein edler Wundtranck zu gestochenen und geschossenen Wunden dann er heilet gewaltig vom Grund heraus allen Morgen und Abend 4 Loth getruncken. Ein guter heilsamer Wundtranck zu den geschossenen Wunden der den Brand vom Pulver mit löschet und die Wunde vom Grund heraus heilet auch keine Entzündung dazu schlagen läßt den mach also: Nimm Sinnaukraut 2Handvoll weissen und rothen Beyfuß Gauchheil mit den Blümlein jedes anderthalb Handvoll Ingrün Nagelkraut Schadheil Güldenruht Wintergrün jedes 1 Handvoll gemein Rohrwurtzel 3Loth Wechholderbeern ein wenig zerquetscht 2Loth Schwalbenwurtz 1 Loth. Alle Stück soll man klein zerschneiden durch einander vermischen in ein grosse Kante oder Flsche thun darüber schütten 1 Maß Wassers und ein halb Maß Weins die Kante verlutieren und zum wenigsten vier Stunden in einem Kessel mit Wasser sieden lassen darnach zu dem Gebrauch in einem kühlen Ort behalten. Davon gibt man dem Geschossenen Morgens und Abends jedesmal 4 Loth warm zu trincken.

Eusserlicher Gebrauch des Sinnaukrauts.
Sinnaukraut ein Handvoll mit 4 Loth Rosenhonig in ein Käntlein gethan und darüber geschüttet dritthalb ächtmaß frisch Brunnenwasser solches in eine Pfann mit siedendem Wasser gesetzt und zum wenigsten ein Stund darein mit stäter Hitz lassen sieden darnach durchgesigen das ist ein heilsam Wasser zu allen Löchern Verwundung und Geschwären des Halß und des Mundts damit den Halß zum offtermal gegurgelt und den Mund darmit außgespühlet. Es heilet dieses Wasser auch die Mundfäule und alle andere Versehrungen und Schäden in dem Munde und Halß.
Vor die langen hangenden Dütten: Nimm Sinnaukraut und seude es im Regenwasser zum halben Theil ein seihe es dann durch und netze ein zweyfach oder vierfach leinen Tuch darinn und lege es über die Brüst. Wilt du aber diese Artzney kräfftiger haben so nimm Sinnaukraut 3Handvoll Schäfftenheu anderthalb Handvoll rothe Rosen ein Handvoll des Saffts HIPPOCISTHIDIS, Alaun jedes 2Loth Seude solche stück in einer Maß Regenwassers zum halben Theil ein seihe es durch. Dieses Wasser lässet auch die Brüst nicht so groß wachsen obgemeldeter massen übergeschlagen. Der außgetruckte Safft von dem Sinnau hat gleiche Würckung.
So ein Mensch gebrochen ist er sey alt oder jung der nehme Sinnaukraut und lasse das in genugsamem Wasser das zweyte Theil einsieden darnach sehe es durch ein sauber Tuch und trinck von diesem Wasser 9. Tage und sonst keinen andern Tranck er genieset.
Es wird dieses Kraut von männiglichen sonderlich gelobet als ein heilsam Kraut alle Brüch zu heilen den jungen Kindern durch Träncke baden und äusserliche Auflegung des Krauts sampt der Wurtzel. Es wird auch fast nutzlich gebrauchet nicht allein in Träncken sondern auch in Pulver Pflaster und Salben wie der Sanickel und andere Wundkräuter.
Ein köstliche Wundsalb Nimm Sinnaukraut Sanickel Wintergrün jedes 4 Handvoll. Die Kräuter müssen alle grün seyn die muß man zerschneiden und klein stossen darnach in eine Pfann thun und 16 Untzen Baumöle darüber schütten und über einem linden Kohlfeurlein sieden lassen biß alle Säfftigkeit in den Kräutern verzehret seyn dann soll mans durchseihen hart auspressen und darinn zergehen lassen Pinnhartz Wachs jedes 12 Loth. Wann es nun überschlagen und kalt werden will soll man nachfolgende Stück rein gepülvert darzu thun als Osterluceywurtzel 2Loth Spanischgrün 1 Loth. Solches soll man wol durch einander rühren biß es kalt wird darnach zum Gebrauch verwahren.
Sinnaukraut ist über die maß nützlich zu den hitzigen Wunden deßgleichen zu allen hitzigen Geschwulsten dieselbigen zu löschen sie seyen gleich zu oder offen die Blätter wie ein Pflaster übergelegt.
Sinnaukraut in Regenwasser gesotten und ein Lendenbad daraus gemacht vertreibt den Weibern den weissen Mutterfluß oder das weiß Gesicht so sie etliche Tag nach einander des Morgens und Abends nüchtern darinn baden jedesmal ein paar Stunden oder so lang sie es Kräfften halben erleiden mögen.
Sinnau in Wasser gesotten und das Wasser durch ein Spritzen warm in die Mutter gethan das heilet die Geschwär und alle Versehrung derselben.
Dieses Kraut in Regenwasser oder aber in Löschwasser darinn die Schmiede das glüend Eisen ablöschen gesotten und mit demselbigen Wasser die heimlichen Oerter der Weiber gewaschen bringt es dieselbigen zusammen als wann sie Jungfrauen wären.
Wann eine Frau nach der Geburt den Harn nicht halten kan soll sie nehmen Sinnaukraut zwey Theil Rheinfarn Heydnisch Wundkraut Beyfuß und weiß Wullkraut jedes 1 Theil. Diese Stück in Wasser sieden und das Weib dreymal des Tages wol darmit dämpffen also daß sie den Dampff durch ein Trächter zu sich empfange: sie soll auch so offt das geschehen mit der Brühen der Kräuter das heimlich Ort wol waschen.
Wann ein Gaul wund wird: So nimm Sinnaukraut und Wurtzel 2Handvoll Haselwurtzkraut und Wurtzel Beyfuß jedes 1 Hand voll. Seude solche Stück in genugsamem Wasser den halben Tehil ein seihe es durch und wäsch dem Roß die Wunde zum wenigsten viermal im Tag darmit.
Das faul Fleisch in den Wunden der Roß zu verzehren: Nimm Sinnau 3Loth Spangrün zwey Loth. Stoß diese Stück zu einem reinen Pulver und behalts zum Gebrauch. Wann ein Roß nun wild oder faul Fleisch in den Wunden hat so streue diß Pulver darauf.

Sinnau-wasser: Die beste Zeit den Sinnau zu distillieren ist in dem Brachmonat wann er in voller Blüth ist das Kraut und Wurtzel mit aller Substantz klein gehackt und mit sanfftem Feuer in BALNEO MARIAE gedistilliert darnach auf seine Zeit in der Sonnen gerectificieret. So man es aber kräfftiger haben will soll man 1 Untz oder 4 des dürren Sinnaukrauts und Wurtzel groblecht stossen und zum andernmal distillieren so wirds über die maß kräfftig in allen folgenden Gebrechen.

Innerlicher Gebrauch des Sinnau-Wassers:
Sinnau-wasser des Morgens und Abends jedesmal 4 oder 5 Loth getruncken ist denen fast dienlich die gebrochen sind und ist sonderlich gut den jungen Kindern so man denen jederweilen ein paar Löffelein voll darvon zu trincken gibt.
Es dienet auch dieses Wasser zu aller Versehrung der Brust und allen innerlichen Gliedern so man dasselbige obgemeldeter massen trincket und ist aber solches insonderheit dienstlich in Versehrung der Därm sie komme gleich von der Ruhr oder anderswoher.
Es wird auch gemeldt Wasser an statt eines Wundtrancks gebrauchet obegemeldter massen Morgens und Abends getruncken un auch den Wein damit gemischt.
Von diesem Wasser wird ein herrlicher Wundtranck bereitet: Nimm ein Maß gedistilliert Sinnauwasser Schadheil 1 Handvoll Sanickel Naterzüngleinkraut jedes ein halbe Handvoll. Zerschneide die Kräuter und thu dieselbige in eine Kante oder Fläsch und schütte das Wasser darüber verlutier darnach die Kante oder Fläsche setze die in siedend heiß Wasser und lasse sie drey Stunden darinn sieden mit stätem Feuer darnach seihe es durch und gib dem Verwundten Morgens und Abends jedesmal 2oder 3Löffel voll davon zu trincken.
So du aber zu den geschoßnen Wunden von Büchsen oder Pfeilen ein besondern Wundtranck machen wilt: So nimm des gedistillierten Sinnau-wassers 1 Maß Beyfuß 1 Handvoll Nagelkraut 1 halbe Handvoll gemein Rohrwurtzel  1 Loth. Zerschneide die Kräuter und Wurtzeln klein thue sie in ein Kante oder Fläsche schütte das Wasser darüber vermach oder verlutier die Kante oder Fläsche wol lasse die in einem Kessel mit Wasser sieden darnach seihe es durch und gib dem Verwundten 3Löffel voll darvon zu trincken auf einmal.
So du aber ein Wundtranck zu allen Wunden bereiten wilt durch die Destillation den man über Jahr behalten kan und denselben allezeit bereit haben so mache denselben also: Nimm Sinnau sechs Handvoll Berwinck Schadheil Sanickel jedes 2Handvol Brunellenkraut blauen Gauchheil jedes anderthalb Handvoll Tannen- oder Fichten-mispel mit den Blättern Eisenkraut Pfersingkraut mit dem Flecke Schlüsselblumenkraut Steingundelreb Benignenkrautblätter jedes 1 Handvoll gülden Widerthod wild Angelickkraut Scabiosenkraut Aepffelbaumblüth blaue Gamänderlein jedes 1 halbe Handvoll Weberkartenwurtzel 3Loth. Alle gemeldte Stück sollen grün seyn und frisch gesamlet die soll man klein zerschneiden darnach in ein VESICAM thun und darüber schütten sechs Maß frisch Brunnenwassers und mit sanfftem Feuer zwo Maß darvon distillieren gib einem Verwundten davon Morgens und Abends 4 Loth zu trincken das heilet eine Wunde vom Grund heraus.

Eusserlicher Gebrauch des Sinnau-Wassers:
Sinnau-wasser mit leinen Tüchern über die hangenden Brüst gelegt machet die hart und steiff etliche Tag nach einander beharret.
Dieses Wasser gleicher Weiß gebrauchet löschet die Hitz und Entzündung der Wunden und Geschwär.
Mit diesem Wasser den Mund zum öfftermal gewäschen auch den Halß damit gegurgelt heilet die Mundfäulle alle Versehrung desselbigen deßgleichen auch den verwundten versehrten und schwürigen Halß.

Sinnau-wein: Aus dem aufgetruckneten Sinnaukraut und Wurtzel machet man im Herbst wie aus andern Kräutern ein heilsamen Wundwein den brauchet man über Jahr an statt eines Wundtrancks und lässet auch die Verwundten ihren Tranck damit vermischen.
Ein anderer guter Sinnau-wein von mehr Stücken welcher nützlich allen Verwundten an statt eines Wundtrancks mag gebrauchet werden wo keine Hitz oder Fieber vorhanden ist den machet man also: Nimm aufgetrucknet Sinnaukraut 4 Handvoll Sanickel Bircken-mispel mit den Blättern rother Gauchheil jedes 2Handvoll Eglentier-Rosenstöckrinden Geißfüssel Teuffelsabbiß jedes anderthalb Handvoll geel Weidrichkraut die Rinden von der Wurtzel der Eglentier-Rosen Weißwurtzblätter Wiesenrauten Andorn jedes ein Handvoll groß Klettenwurtzel 4 Loth Rohrwurtzel 3Loth Alle obgemeldte Stück müssen dürr seyn die soll man klein zerschneiden und mit Espen-spähnen in ein zwölffmäßiges Fäßlein einschlagen und darnach ein guten Most darüber verjahren lassen folgends über vier oder fünff Monat ablassen und den darnach über Jahr gebrauchen.

Sinnau Conservern-zucker: Aus dem Sinnau machet man auch einen köstlichen guten Conserven-zucker: Man nimt die abgestreifften Blätter und Blümlein des Sinnaus die frisch eingesamlet worden ist wieget darvon 4 Untzen mehr oder weniger zerschneidt die auf das allerkleinste auf einem saubern Brett mit einem dazu bereiten Schneidmesser. Darnach stösset man die wol in einem steinern Mörser und thut darzu guten fein Zucker 12Untzen vermischt es und stösset es wol durch einander biß daß es wird ein Lattwerg alsdann thut man es in ein Zuckerglas oder Porcellanbüchs und stellet es auf ein Monat in die Sonn darnach behölt man es über Jahr zu dem Gebrauch. Dieser Zucker ist eine edle Artzney den Weibern so mit dem weissen Mutterfluß beladen seyn alle Morgen und Abend einer Castanien groß darvon geessen. Er dienet auch zu den verwundten und versehrten Därmen von der Ruhr und anderswoher verursachet.

Alchemilla vulgaris6-7

Hildegard von Bingen empfahl den Frauenmantel gegen Kehlgeschwüre.

Homöopathie: Hier wird die aus dem frischen Kraut gewonnene Essenz (D2-O) verwendet.

 

Bilbliografie:

Prof. Dr. Karl Hiller, Prof. Dr. M. F. Melzig, Die große Enzyklopädie der Arzneipflanzen und Drogen, 1999

Tabernaemontanus, ( Jakob Dietrich, Jacob DitterDiether bzw. Jacob Theodor), Neuw Kreuterbuch, 1588-91

August Paul Dinand,Handbuch der Heilpflanzenkunde, 1921

A coloured atlas of the chinese Materia Medica, specified in Pharmacopoeia of the People´s Republic of China (1995 Edition). Guangdong science and technology press.

Pedainos Dioskurides, Materia Medica, 1 Jahrh.

Materia Medica of the Hindus, Uday Chand Dutt, 1922

The Indian Materia Medica, Dr. K. M. Nadkarni, Volume 1 und 2, 1908, rev1954, rev1976, rev1982,

Gessner-Orzechowski, Gift- und Arzneipflanzen von Mitteleuropa, 1974

Heilpflanzen-Lexikon für Ärzte und Apotheker, Dr. Hans Braun, 1968

Leonhardus Fuchsius, “New Kreuterbuch, in welchem nit allein die gantz histori, das ist namen, gestalt, statt und zeit der wachsung, natur, krafft und würckung…” von 1543.

“Köhlers Medizinal-Pflanzen” von 1883 bis 1887.

Dr. Friedrich Losch, Kräuterbuch, 1903

Stauffer: Klinische Homöopathie, Arzneimittellehre