Familie: Boraginaceae
Deutsch: Beinwell, Beinheil, Wundschad, Wellwurz, Milchwurz, Schmeerwurz, Speckwurz, Wallwurz, Waldwurz, Schwarzwurzel(Achtung! Diese Bezeichnung kann irreführend mit der als Gemüse verwendeten Schwarzwurzel sein!).
Beschreibung: Kraut mit eine Höhe bis zu 1Meter mit kurzem, fleischigem Rhizom und langer, spindelförmiger, schwarzer Wurzel. Stängel von unten an ästig, fleischig. Blätter lang herablaufend, die unteren großen eiförmig bis lanzettlich, in den Blattstiel verschmälert. Die oberen Blätter sitzend und lanzettlich, sämtlich borstig rauhhaarig. Blüten hängend, lang glockenförmig mit sehr kurzem Saum, schmutzig-purpurn, rosa-violett oder gelblichweiß, in beblätterten, gipfel-oder blattachselständigen Wickeln. Früchte im bleibenden Kelch, aus je 4 einsamigen, schwarzbraunen Nüsschen zusammengesetzt.
Vorkommen: Europa, Westasien. Verbreitet bis häufig in Gräben und feut´chten Wiesen.
Etymologie: Zusammengesetzt aus dem Griechischen syn (zusammen) und phyein, phyesthai (wachsen), wozu auch phyton (Gewächs) gehört. Das Griechische symphitos bedeutet „zusammengewachsen, zugeheilt“. Der spätere Lateinische Name symphitum bezeichnet die Pflanze Beinwell.
Standort: Wildwachsend auf feuchten Äckern und Wiesen, an Gräben, Bachrändern, Flüssen, in Gebüschen, an Waldrändern, vom Flachland bis ins Gebirge.
Sammelgut: Vorwiegend die rübenförmige, fleischige, schleimhaltige, bis 30 cm lange und bis 2,5 cm dicke, mehrköpfige, verästelte, außen schwärzliche, innen weiße Wurzel. Seltener die Blätter und das ganze, blühende Kraut.
Sammelzeit: Wurzel im März und April oder im September und Oktober. Kraut während der Blüte im Mai und Juni.
Inhaltsstoffe: Im Kraut wenig (frisch etwa 0,002 %) Alkaloid Symphyto-Cynoglossin, zudem Cholin, im alkaloidfreien Rhizom viel (Zucker liefernde) Schleimstoffe, Stärke, Inulin, Gummi, Harz, 1bis 3 % Asparagin und wenig Ätherisches Öl. Außerdem enthält Symphytum Gerbstoffe (im Kraut 8-9%, im Rhizom 4-6,5 %. In der Asche der Pflanze etwa 20% Si02. Diese Zahlenwerte beziehen sich auf violettblühende Pflanzen, die rosa- und weißblühenden For
men ergaben im Kraut niedrigere Werte
Eigenschaften: Das arzneilich vorwiegend (praktisch fast ausschließlich) verwendete alkaloidfreie Rhizom ist durch den Schleimstoffgehalt ein Mucilaginosum, ferner durch den Gerbstoffgehalt ein Adstringens; durch diese beiden Wirkungsqualitäten dürfte in erster Linie eine entzündungswidrige, reizmildernde und eine gewisse, durch das Ätherische Öl verstärkte antibakterielle Wirkung pharmakologisch begründet sein.
Gegenanzeigen: Innerlich darf Beinwell wegen der Pyrrolizidinalkaloide im Kraut (krebserregende und leberschädigende Wirkung) nicht verwendet werden und äußerlich, als Umschlag nur bei stumpfen Verletzungen, also ohne offenen Stellen der Haut. Auch in der Schwangerschaft darf Beinwell nicht angewendet werden.
Verwendung und Rezepturen: Das alkaloidfreie Rhizom war früher einmal offizinell (Radix Consolidae maioris) und vor allem äußerlich in Form von heißen Breiumschlägen (Kataplasmen) oder in Salben in der Behandlung von schlecht heilenden Wunden, Beingeschwüren, Krampfaderentzündungen und -geschwüren, auch bei Frakturen und Periostitis sehr geschätzt. Neuerdings wird diese Form der Anwendung außerdem bei rheumatischen und neuralgischen Zuständen, bei Tendovaginitis, Thrombophlebitis, Pleuritis, Bronchitis und Bronchopneumonie empfohlen, wobei ein rascheres Abklingen der Entzündungserscheinungen als nach Heißluft- und Kurzwellenbehandlung hervorgehoben wird (464). Decocte des Rhizoms dienen ferner zum Mundspülen und Gurgeln bei Stomatitis, Pharyngitis und Angina, innerlich als Antidiarrhoicum.
Homöopathie: In der Homöopathie wird sowohl die aus frischem Rhizom bereitete Essenz ähnlich, außerdem auch bei Ulcus ventriculi und duodeni, als auch die aus der ganzen blühenden Pflanze gewonnene Tinktur, 6fach mit Wasser verdünnt, als „Symphytum ad usum externum” äußerlich zu Aufschlägen verwendet.
Tabernaemontanus: Wallwurtz. Tormentillwurtzel ein loth Wallwurtzel Rhapontick SARCOCOLLA, jedes ein halb Loth zu einem subtielen Pulver gestossen gibt ein edel Hefftpulver das eine Wunden zu sammen zeucht unnd sie besser hefftet und auch ohne wenigern Schmertzen unnd ohne Narben schneller heylet als wann sie gleich ein Balbierer oder Baderknecht mit Schusterdräthen zusammen gehefftet hette welches ein grössern schmertzen macht und lenger zu heylen ist als die Wunde selber oder grossen unwissenheit und thorheit dieser unverstendigen Leuth.
Monrauten heilet alle innerliche Brüch und Versehrungen. Das Kraut zu Pulver gestossen und eines Quintleins schwär mit rauhem Wein darinnen Wallwurtzel ist gesotten worden dienet wider allerhand innerliche und äusserliche Brüch viertzig Tag nacheinander getruncken doch daß man sie nicht viel bewege. Diese Artzney ist sonderlich gut den Knaben so an den Gemächten gebrochen sind.
Das gerunnen Blut im Leib zu zertheilen zu verzehren und alle jnnerliche Wunden von fallen oder stossen zu heylen ist nachfolgende Salb in Leib zu gebrauchen fast heylsam unnd erfahren so man alle Morgen und Abendt ein loth mit einem Trüncklein Bier zertrieben warm trincket: Nimb frischen Sanickel acht loth Betonienkraut junge Dolden von Fenchelkraut grün unzeitig Wechholderbeern jedes sechs loth Alantkrautwurtzel Wallwurtzel Weinrauthen Edelgamänderlein Roßmareinkraut oder die Zweigen darvon jedes vier loth. Alle diese Stück müssen frisch und grün seyn die soll man klein schneiden darnach mit zwey Kremer pfundt frischem Buttern zu Muß stossen und acht Tag an die Sonn setzen darnach ein becherlein vollSanickelwasser darzu schütten folgendts uber einem linden Fewerlein sittiglich lassen sieden biß das Wasser und die safftigkeit inn den Kreutern gar verzehret ist alsdann soll man es hart außpressen lassen kalt werden so gibt es ein schöne grüne unnd köstliche Salb die soll man gebrauchen wie gemeldet unnd arneben eusserlichen die schmertzhafften Ort wol und warm darmit salben.
Dioskurides: Das andere Svmphyton – Einige nennen es Pekten, die Römer Soldago, entwickelt einen zwei Ellen langen oder auch höheren, leichten, dicken, kantigen, distelähnlichen, hohlen Stängel, um welchen in nicht großen Abständen die rauh behaarten, schmalen, länglichen, denen der Ochsenzunge ähnlichen Blätter stehen. Der Stängel hat an den Knoten gewisse vorgestreckte Verlängerungen von zarten anliegenden Blättern. Aus jeder Achsel treibt es die weißen oder gelben Blüten sowie die Frucht um den Stängel herum wie bei der Königskerze. Der ganze Stängel und
die Blätter haben einen etwas rauhwolligen Überzug, welcher bei der Berührung Jucken verursacht. Die Wurzeln darunter sind an der Außenfläche schwarz, innen weiß und schleimig; von diesen wird Gebrauch gemacht. Fein gesessen und getrunken sind sie gut für die, welche an Blutspeien und inneren Abszessen leiden, als Umschlag verkleben sie auch frische Wunden. Fleisch, mit dem sie zusammen gekocht werden, binden sie zu Gallerte. Als Kataplasma dienen sie bei Entzündungen, besonders am After, und zwar vorteilhaft mit den Blättern der Kreuzwurz.
Dinand:
Innerlich: Der Tee (15 bis 20 g auf ½ Liter Wasser) wirkt zerteilend, reizmildernd, schmerzstillend, erweichend und wird vorteilhaft angewendet bei Darmgeschwüren, Durchfall, Ruhr , Blutspeien und Verschleimung der Luftwege. Der Tee in Wein gekocht leistet sehr gute Dienste bei Blutauswurf, und Lungenleiden, da er hustenmildernde, kräftigende und schleimlösende Wirkung besitzt. Man koche in einem irdenen oder emaillierten Gefäße, da der Tee beim Kochen im Eisentopf sich schwarz färbt.
Äußerlich: Das Pulver wird zur Blutstillung verwendet, ist indes auch dienlich mit Honig zu einem Latwerg bereitet bei Leiden der Atmungsorgane (tägk. Mehrmals 1 Teelöffel voll). Der Extrakt ist ein ausgezeichnetes Mittel gegen Geschwüre. Dr. Bramwell hat mit ihm viele Versuche bei Geschwüren aller Art gemacht und hierbei große Erfolge erzielt. Dr. Macalister erzielte ebenfalls Erfolge in dieser Beziehung und er schreibt die gute Wirkung dem Wurzelbestandteil Allontoin zu. Wässrige Lösungen dieses Stufes zeitigen überraschend schnelle Heilung bei Hautgeschwüren.
Umschläge:
a) Absud bei Wunden, Brandwunden und Quetschungen.
b) mit der Wurzelabkochung bei Quetschungen und Beinleiden, alten Geschwüren, Gichtknoten, verhärteten Brustdrüsen und Brustgeschwüren der Mütter.
Bilbliografie:
Prof. Dr. Karl Hiller, Prof. Dr. M. F. Melzig, Die große Enzyklopädie der Arzneipflanzen und Drogen, 1999
Tabernaemontanus, ( Jakob Dietrich, Jacob Ditter/Diether bzw. Jacob Theodor), Neuw Kreuterbuch, 1588-91
August Paul Dinand,Handbuch der Heilpflanzenkunde, 1921
Pedainos Dioskurides, Materia Medica, 1. Jahrh.
Gessner-Orzechowski, Gift- und Arzneipflanzen von Mitteleuropa, 1974
Heilpflanzen-Lexikon für Ärzte und Apotheker, Dr. Hans Braun, 1968
Leonhardus Fuchsius, “New Kreuterbuch, in welchem nit allein die gantz histori, das ist namen, gestalt, statt und zeit der wachsung, natur, krafft und würckung…” von 1543.
“Köhlers Medizinal-Pflanzen” von 1883 bis 1887.
Dr. Friedrich Losch, Kräuterbuch, 1903
Stauffer: Klinische Homöopathie, Arzneimittellehre