Botanisch: Aesculus hippocastanum
Deutsch: Rosskastanie
Synonyme: Kastanie, Pferdekastanie, Wilde Kastanie,
Familie: Sapindaceae
Blütezeit: Mai bis Juni
Sammelzeit: Frühjahr bis Herbst
Sammelteile: Rinde, junge Blätter, Blüten, Frucht.
Vorkommen: Ursprünglich beheimatet in den Schluchten der Balkangebirge (Thessalien, Epirus), in der Türkei, im Kaukasus, im nördlichen Iran sowie im Himalaya. 1576 gelangten die ersten Roßkastaniensamen nach Wien als Geschenk des damaligen kaiserlichen Gesandten Ungnad an Kaiser Maximilian II. Von Österreich aus hat sich die weiß- und rotblühende Kastanie über Deutschland und ganz Mitteleuropa bis nach Spanien verbreitet.
Standort: Auf humosem, feuchtem Boden in öffentlichen Anlagen, in Schlossparks, in größeren Gärten, an Straßen als Alleebaum.
Inhaltsstoffe: In allen Organen Saponine, am reichlichsten im Samen (8 bis 26%) Aesculussaponin. Außerdem, besonders in Blatt und Blüte dasFlavonglykosid Queraescitrin und zugehöriges Aglykon Quercetin. Ferner, vor allem in der Rinde der Zweige in Lösung blau fluoreszierende Cumaringlykoside Aesculin = 6,7-Dioxy-cumarin, und Fraxin mit zugehörigem Aglykon Fraxetin = 6, 7, 8-Trioxycumarinmono-methyläther. Daneben auch Gerbstoffe (Kastaniengerbsäure in der Rinde, Tannin im Blatt), im Samen noch 5 bis 7% fettes Öl und in erheblicher Menge Eiweißstoffe und Kohlenhydrate wie Stärke, Zucker. Im Blatt Xynthophyll.
Eigenschaften: Zusammenziehend, färbend, nährend, Auswurf fördernd. Die Bitterstoffe kann man durch Auskochen und auslaugen entfernen.
Vergiftungen durch unreife grüne Fruchtschalen sind bei Kindern beobachtet worden; dabei traten nicht nur gastroenteritische Erscheinungen, sondern außerdem Mydriasis, Rötung des Gesichtes, Somnolenz, aber auch delirante Zustände auf.
Verwendung und Rezepturen: Die Früchte der Roßkastanie werden getrocknet bzw. geröstet bei Hämorrhoidal-und Gebärmutterblutungen, außerdem auch bei Darmkatarrh und Bronchitis angewendet. Im übrigen bildet das saponinreiche Samenpulver den Hauptanteil des bekannten Schneeberger Schnupftabaks. Der Gerbstoffgehalt erklärt im übrigen die im Volke übliche äußerliche Anwendung bei Wunden, Geschwüren, Frostbeulen, juckenden Flechten und Hämorrhoiden sowie die innerliche Anwendung als Antidiarrhoicum.
Homöopathie: Wird besonders bei Stauungen im Portalgebiet, Leberschwellung, bei Hämorrhoiden, ferner bei chronischer Gastritis, Enteritis, Tracheitis und Prostatitis angewendet. Das homöopathische Arzneibuch führt aber außerdem noch eine als Aesculus hippocastanum e floribus bezeichnete und aus frischen Blüten bereitete Essenz auf, die nach Ursprung und Zubereitung vor allem den Flavonanteil der Blüten enthalten muß.
Dinand: Die Rinde von 3 bis 5 jährigen Bäumen hat wegen ihres Gerbstoffgehaltes wie die Weidenrinde eine fieberwidrige Wirkung und wird als Pulver oder Abkochung als Ersatz der Chinarinde gebraucht. In gleichen Formen auch bei Ruhr, Katarrhen der Atmungs- und Verdauungsorgane, gegen Schwäche der Verdauungsorgane, Diarrhöe, bei Schwindsucht. Äußerlich als Streumittel bei Geschwüren.
Die jungen Laubblätter werden (zu Extrakt verarbeitet) mit Erfolg bei Keuchhusten der Kinder angewandt.
Die Tinktur (1 Teil Blüten auf 10 Teile Wasser) wirkt schmerzstillend bei Einreibungen gegen Rheumatismus.
Die Frucht findet wegen ihres Reichtums an Stärkemehl häufig technische Verwertung zu Kleister- und Stärkebereitung für bunte Wäsche. Lässt man 1/2 kg zerstoßene Kastanien mit Wasser bedeckt längere Zeit stehen, so gibt das Wasser ein vorzügliches Reinigungsmittel. Durch Rösten der Geschälten Früchte wird der Kastanienkaffee (wie Eichelkaffee) bereitet und wird als Mittel gegen Durchfall gebraucht. Das geröstete Pulver selbst wird bei Schleimflüssen aus Lungen oder Darm benutzt. Der Fluidextrakt aus den Früchten scheint eine direkt zusammenziehende Wirkung auf die Venen des kleinen Beckens zu haben und wird gegen schmerzhafteHämorrhoiden empfohlen. Bei Frauen kann während des Gebrauchs eine Verzögerung der Periode um bis zu 10 Tagen eintreten.
Bilbliografie:
Prof. Dr. Karl Hiller, Prof. Dr. M. F. Melzig, Die große Enzyklopädie der Arzneipflanzen und Drogen, 1999
Tabernaemontanus, ( Jakob Dietrich, Jacob Ditter/Diether bzw. Jacob Theodor), Neuw Kreuterbuch, 1588-91
August Paul Dinand,Handbuch der Heilpflanzenkunde, 1921
Pedainos Dioskurides, Materia Medica, 1. Jahrh.
Gessner-Orzechowski, Gift- und Arzneipflanzen von Mitteleuropa, 1974
Heilpflanzen-Lexikon für Ärzte und Apotheker, Dr. Hans Braun, 1968
Leonhardus Fuchsius, “New Kreuterbuch, in welchem nit allein die gantz histori, das ist namen, gestalt, statt und zeit der wachsung, natur, krafft und würckung…” von 1543.
“Köhlers Medizinal-Pflanzen” von 1883 bis 1887.
Dr. Friedrich Losch, Kräuterbuch, 1903
Stauffer: Klinische Homöopathie, Arzneimittellehre